Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.
Begründung:
Der derzeit gültige Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Göttingen (VEP 1999) wurde im März 2000 vom Rat der Stadt als verkehrsträgerübergreifendes Planwerk der städtischen Verkehrsplanung beschlossen. Nach intensiver Meinungsbildung in der Verwaltung sowie Beratung mit Gutachter und projektbegleitendem Beirat wurde damals das Szenario "Wandel“ der künftigen Verkehrsentwicklung zugrunde gelegt. Das Szenario "Wandel“ verfolgt(e) das Ziel, die verschiedenen Verkehrsarten (Motorisierter Individualverkehr, ÖPNV und nichtmotorisierter Verkehr) gleichberechtigt in der Verkehrsplanung zu berücksichtigen und insbesondere durch Verbesserungsmaßnahmen für den ÖPNV, den Fahrrad- und den Fußgängerverkehr den Umweltverbund zu stärken. Eine Vielzahl der damals vorgeschlagenen Maßnahmen ist seither realisiert worden. Gleichzeitig haben neue Themen, wie der absehbare Demografische Wandel oder das Mobilitäts-/ Verkehrsmanagement an Bedeutung gewonnen. Die Verwaltung der Stadt Göttingen strebt deshalb eine Überarbeitung des VEP in den Jahren 2011 ff. an, um darüber auch die verkehrsrelevanten Aussagen aus der Lärmminderungsplanung und der Luftreinhalteplanung zu koordinieren. Vor der Weiterentwicklung des VEP hat die Verwaltung zunächst eine Evaluation des bestehenden VEP gutachterlich in Auftrag gegeben. Dabei wurden schwerpunktmäßig die Entwicklungen des Verkehrsmittelwahlverhaltens, der Verkehrsnachfrage und der Verkehrssicherheit von 1999/2000 bis 2009 beleuchtet, Veränderungen der CO2-Bilanz ermittelt und die Umsetzung der Maßnahmen des Handlungskonzeptes für die einzelnen Verkehrsarten dokumentiert. Als Ergebnis der Untersuchung kann für die einzelnen Bausteine folgendes festgehalten werden: 1. Entwicklung des Verkehrsmittelwahlverhaltens: (s. auch Abbildung 1 im Anhang) · Zwischen der Haushaltsbefragung 1999 und SrV (System repräsentativer Verkehrsbefragungen) 2003 haben sich beim Modal Split keine signifikanten Veränderungen eingestellt. · Zwischen 1999/2003 und 2009 ergibt sich eine deutliche Abnahme des MIV-Anteils bei gleichzeitigen Zuwächsen für den Fußgänger- und Radverkehr. · Knapp zwei Drittel aller Wege in Göttingen (etwa 65 %) werden mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbundes (ÖPNV, Rad, Fuß) zurückgelegt. Gegenüber 1999/2003 entspricht dies einem Zuwachs von etwa 10 %. · Der Anteil des ÖPNV zeigt kaum Schwankungen und liegt seit Jahren weitgehend konstant im Bereich von 12 bis 13 %. Dies korrespondiert im Übrigen auch mit der Entwicklung der Fahrgastzahlen. 2. Umsetzung des Handlungskonzeptes: (s. auch Abbildung 2 und 3 im Anhang) · Ein großer Teil der im Handlungskonzept des VEP 1999 vorgeschlagenen Maßnahmen für die Verkehrsarten Fußgängerverkehr, Radverkehr, ÖPNV, Fließender Kraftfahrzeugverkehr und Ruhender Kraftfahrzeugverkehr wurde zwischenzeitlich realisiert. Die verkehrsplanerischen Zielsetzungen des Szenarios „Wandel“ haben das bisherige Handeln geprägt und wurden weitgehend umgesetzt. · Im Göttinger Stadtgebiet wurde nur ein moderater Straßenneubau mit den „Leuchtturmprojekten“ Westtangente (Otto-Brenner-Straße), B 3 neu und KES Holtensen betrieben, die sehr positive Auswirkungen im Sinne einer Entlastung von bewohnten Bereichen zeigen. Als wichtige (auch noch laufende) Straßenausbaumaßnahme ist der Ausbau der B27 zu nennen. · Neue gewerbliche Ansiedlungen sind in erschließungsgünstigen Lagen insbesondere in Bezug auf die Abwicklung des Schwerlastverkehrs erfolgt. · Trotz der deutlichen Steigerung des Radverkehrsanteils beim Modal Split und den unübersehbaren Verbesserungen, die beim Radwegenetz und der Fahrradinfrastruktur (Bsp.: Umsetzung des Radroutennetzes Universität, Einrichtung von Fahrradstraßen) umgesetzt wurden, sind im Radverkehr weitere Potenziale vorhanden, die künftig noch verstärkt ausgeschöpft werden sollten (beispielsweise die Stärkung des Radroutennetzes durch die Ausweisung weiterer Fahrradstraßen, die Erweiterung des Fahrradstellplatzangebotes sowie die verbesserte Anbindung der peripheren Stadtteile bzw. des Umlandes). · Die Entwicklungen im ÖPNV-Angebot machen deutlich, dass es der Stadt Göttingen gelungen ist, mit der Straffung des Linienetzes eine bedarfsgerechtere ÖPNV-Bedienung im Stadtgebiet sicherzustellen. Die mit der Liniennetzstraffung einhergehende Reduzierung der Buswagenkilometer hat zu einer Senkung der finanziellen Belastung für den Aufgabenträger geführt, nicht jedoch zu einem Einbruch der Fahrgastzahlen, wie die Abbildung 3 im Anhang deutlich macht. Die Fahrgastzahlen sind seit 2004 wieder ansteigend. 3. Entwicklung der Kraftverkehrsstärken von 1995 bis 2010 [Kfz/24 h] (s. auch Abbildung 4 im Anhang): · Der Kraftfahrzeugbestand in Göttingen ist bei nur geringen Schwankungen seit Jahren weitgehend konstant. · Die aus den Entwicklungen der Mobilität und der Verkehrsmittelwahl bekannte rückläufige Anzahl der mit dem Kraftfahrzeug zurückgelegten Wege äußert sich in Verringerungen der Verkehrsstärken in vielfältigen Bereichen. Insbesondere auf dem Innenstadtring, in der Hannoverschen Straße und in den innenstadtnahen Abschnitten der Kasseler Landstraße sind deutliche Reduzierungen feststellbar. · Die großen Straßenneubaumaßnahmen Westtangente (Otto-Brenner-Straße) und B 3 neu haben zu erheblichen Entlastungen in bewohnten Bereichen (Ortskern Grone, Königsallee) geführt. · Vereinzelte Verkehrszunahmen sind feststellbar, lassen sich aber immer auf lokale Entwicklungen (Zietenterrassen, Kaufpark, etc.) zurückführen und entsprechen den vorher formulierten Erwartungen. 4. Entwicklung der Verkehrssicherheit: (s. auch Abbildung 5 bis 8 im Anhang) · Die Verkehrssicherheit in Göttingen hat sich seit 2005 insgesamt positiv entwickelt. Dies betrifft insbesondere die Unfälle mit Personenschaden und entspricht dem bundesweiten Trend. · Für Fußgänger und Radfahrer lässt sich – wie der Abbildung 7 zu entnehmen – keine erhöhte Unfallbeteiligung feststellen, was auf Grund der Erhöhung der Wegeanzahl bei beiden Verkehrsteilnehmergruppen als durchaus positive Entwicklung zu beurteilen ist. · Der Trend der Unfälle bei den motorisierten Zweiradfahrern ist dagegen insgesamt leicht ansteigend, insbesondere seit dem Jahr 2004. · Die positivste Entwicklung zeigt sich bei den Kfz-Führern und -Insassen, deren Verunglücktenbilanz stark rückläufig ist. Hier lag der Höchstwert im Jahre 2000 bei 489 Verunglückten und reduzierte sich bis zum Jahr 2009 um etwa ein Drittel. Hier machen sich vermutlich die verbesserten Sicherheitssysteme in den Fahrzeugen (z.B. Airbag) bemerkbar. · Der Vergleich mit anderen Städten mit ähnlicher Einwohnerzahl zeigt jedoch auch, dass die positive Göttinger Entwicklung durchaus noch Steigerungspotenzial bietet. 5. CO2-Bilanz: · Die CO2-Emissionen des Kraftfahrzeugverkehrs stehen in direkter Abhängigkeit zur Menge des verbrannten Kraftstoffs und damit zur Fahrleistung des Kraftfahr-zeugverkehrs. · Die CO2-Bilanz für den MIV-Binnenverkehr der Göttinger Bewohner im Zeitraum von 1999 bis 2009 zeigt eine sehr positive Entwicklung. · Der CO2-Ausstoß hat sich um etwa 25% verringert. · Gegenüber 1999 werden im MIV-Binnenverkehr täglich etwa 27.500 Kg CO2 weniger produziert. · Hauptursache ist dabei die um etwa 16,5 % gesunkene Fahrleistung im MIV-Binnenverkehr in Verbindung mit einem um etwa 10 % rückläufigen (durchschnittlichen) Kraftstoffverbrauch des PKW-Bestandes in Deutschland je 100 km. Fazit/Ausblick auf die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans: Die Stadt Göttingen hat in den vergangenen zehn Jahren erhebliche Erfolge in Bezug auf eine Veränderung der Verkehrsmittelwahl und eine verstärkte Inanspruchnahme der Verkehrsmittel des Umweltverbundes erreicht. Bemerkenswert ist die Steigerung der Anteile des Radverkehrs und des Fußgängerverkehrs, die durch den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur sowie die Aufwertung von Stadträumen (im Wesentlichen in der Innenstadt) gefördert wurden. Im Jahr 2011 soll die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans begonnen werden, mit dem ein Zielkonzept für den Zeithorizont 2020/2025 zu entwickeln ist. Mit der konsequenten Fortsetzung der Förderung des Umweltverbundes (Fuß, Rad und ÖPNV) strebt die Stadt Göttingen auch zukünftig an, die Anzahl der Autofahrten auf einem moderaten Niveau zu halten. Die im Vorgriff im politischen Raum formulierte Zielsetzung, den ÖPNV-Anteil am Modal Split um fast 50% auf 18 % zu steigern, ist allerdings nur dann annähernd zu erreichen, wenn in den nächsten Jahren in erheblichem Maße Investitionen in den ÖPNV (Erweiterung des Liniennetzes, Taktverdichtung, höherer Fahrzeug-/Personaleinsatz, Fortsetzung des ÖPNV-Beschleunigungsprogrammes etc.) geleistet werden. Aufgrund der derzeitigen Haushaltssituation der Stadt Göttingen wird es daher umso bedeutender sein, das Ausschöpfen vorhandener Potenziale im Radverkehr als wichtigen Ansatzpunkt künftiger Planungskonzepte anzusehen. Unter dem Aspekt des finanziellen Aufwandes ist es vermutlich leichter, im Radverkehr einen nennenswerten Zuwachs zu generieren, als das gleiche Ergebnis im ÖPNV zu erreichen. Als weitere wichtige Themen bei der Erstellung eines neuen verkehrlichen Gesamtkonzeptes sind zu nennen: · die Berücksichtigung des Demografischen Wandels und der breiten Palette unterschiedlicher Mobilitätsanforderungen, · die Verbesserung der Verkehrssicherheit durch ein zielgerichtetes Maßnahmenpaket, · die qualitative Verbesserung der Straßenräume in den Stadtteilzentren zur Stärkung der Nahmobilität, · die Betrachtung/Weiterentwicklung des Parkraummanagements als Steuerungsinstrument in der kommunalen Verkehrsplanung, · die Erstellung eines Modernisierungsprogramms für die verkehrstechnischen Einrichtungen (Lichtsignalanlagen, Parkleitsystem) · die Entwicklung von Maßnahmen des Mobilitätsmanagements insbesondere zur kostengünstigen Stärkung der Nachfrage im ÖPNV, · die Herausforderungen der Elektromobilität und deren Auswirkungen auf die verkehrliche Infrastruktur, · die Schaffung von Alternativen zum Kraftfahrzeug für die große Gruppe der Berufspendler, · die Erstellung einer CO2-Bilanz für das Prognosejahr 2020/2025 bei angenommener Umsetzung des VEP-Maßnahmenprogramms, · die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit (u.a. besseres Marketing für den Umweltverbund) und · die enge Verzahnung der Verkehrsentwicklungsplanung mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans und des Nahverkehrsplans sowie der Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung Die Bearbeitung der einzelnen Arbeitsschritte des Verkehrsentwicklungsplans erfolgt durch die Verwaltung sowie einen externen Gutachter. Der Zeitplan sieht einen Bearbeitungszeitraum von drei Jahren (2011 bis 2013) vor. Finanzielle Auswirkungen:
Die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans verursacht Kosten in Höhe von rund 150.000,- €, die sich auf die einzelnen HH-Jahre folgendermaßen verteilen: 2011: Neuansatz in Höhe von 50.000,- € + Resteübertragung in Höhe von 50.000,- € aus 2010 2012: 50.000,- €
Anlagen:
Anhang (Abbildungen 1 bis 8)
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