![]() |
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Beschlussvorschlag:
Die in der Anlage beigefügte „Satzung der Stadt Göttingen zur Erhebung einer Beherbergungsteuer“ wird beschlossen.
Begründung:
Das Haushaltssicherungskonzept der Stadt Göttingen vom 9.6.2010 sieht für das Jahr 2011 die Einführung einer „Kulturförderabgabe“ vor. Die Einführung wird frühestens zum 1.7.2011 erfolgen, da die Vorbereitungen für die Erhebung einer neuen Abgabe der sorgfältigen Prüfung sowohl der rechtlichen Gestaltung einer entsprechenden Satzung wie auch der Abstimmung einer praktikablen Umsetzung bedürfen. Nicht zuletzt sind auch zweckmäßige Vorgehensweisen anderer Städte einzubeziehen.
Mehrere Städte haben bereits Satzungen zu einer „Kulturförderabgabe“ (Stadt Köln, Stadt Weimar), „Abgabe auf entgeltliche Beherbergungen“ (Stadt Dortmund) oder „Erhebung einer Beherbergungsteuer“ (Osnabrück) erlassen.
Die Stadt Osnabrück hat als erste Kommune in Niedersachsen eine Beherbergungsteuer zum 01.01.2011 eingeführt. Einer Genehmigung durch das Land Niedersachsen, anders als in Nordrhein-Westfalen für die Satzung der Stadt Köln, bedurfte es nach dem Nieders. Kommunalabgabengesetz nicht.
Wegen der wohl beabsichtigten Musterklagen in Osnabrück sollen die dortigen Satzungsinhalte als Grundlage der Göttinger Satzung übernommen werden, damit nach Gerichtsentscheidungen ebenfalls Rechtsklarheit für die Satzung der Stadt Göttingen besteht. Demgemäß werden keine rechtlich relevanten Änderungen im Satzungsentwurf vorgenommen. Die bisher als „Bettensteuer / Kulturförderabgabe“ diskutierte Abgabe wird somit im weiteren Verlauf als Beherbergungsteuer bezeichnet, kommuniziert und auch als solche erhoben werden.
Problembeschreibung/Sachverhalt:
Zur Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Beherbergungssteuer gibt es unterschiedliche Auffassungen.
· Ein vom Bundesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Auftrag gegebenes Gutachten der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Rupert Scholz und Prof. Dr. Christoph Moench kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Abgabe insbesondere aus folgenden Gründen nicht zulässig ist:
Eine Gleichartigkeit der „Kulturförderabgabe“ zur bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer führe (insbesondere bei prozentualer Ausgestaltung) zur Verfassungswidrigkeit der Abgabe, weil sie nicht von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz gedeckt sei. Die berufsbezogene Übernachtung könne in Ermangelung eines vorhandenen privaten Aufwandes nicht zum Gegenstand einer Aufwandsteuer werden. Der Aufwand stelle keine Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf dar, sondern diene der Einkommenserzielung. Oftmals entscheide der Arbeitgeber, ob und wie eine Dienstreise durchgeführt werde. Es bestehe also eine arbeitsrechtliche Pflicht, den Übernachtungsaufwand zu verursachen. Den Aufwand trage deswegen regelmäßig der Arbeitgeber / Dienstherr oder er werde bei freiberuflich Tätigen steuerlich abgesetzt. (ca. 82% der Übernachtungen in Göttingen sind beruflich veranlasst) Die Abgabe konterkariere Artikel 5 Wachstumsbeschleunigungsgesetz, mit dem der Bundesgesetzgeber die Umsatzsteuer auf Beherbergungsleistungen gesenkt hat, um so finanzielle Spielräume für Konsum und Investitionen zu schaffen und Wirtschaftswachstum zu generieren. Die Abgabe wirke damit dem Gesamtkonzept des Bundesgesetzgebers zur Wirtschaftsförderung entgegen und sei mit dem Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nicht vereinbar und deshalb materiell verfassungswidrig.
· Zum entgegengesetzten Ergebnis kommt Prof. Dr. Klaus Rosenzweig, Mitherausgeber eines Kommentars zum Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (verbunden mit dem Resümee, dass Rechtssicherheit erst bestehe, wenn das Bundesverfassungsgericht gesprochen hat):
Eine Gleichartigkeit zur Umsatzsteuer wird nicht gesehen, da die Beherbergungsteuer nur einen kleinen Teilbereich des Steuergegenstandes der Umsatzsteuer in Anspruch nimmt. Da ein prozentualer Steuermaßstab (5% in Köln) im Blick auf die Proportionalität eine gewisse Nähe zur Umsatzsteuer hätte, könne ein Steuermaßstab in Form von Festbeträgen sinnvoll sein.
Jeder Übernachtungsaufwand, also auch der beruflich veranlasste, wird als steuerbarer Aufwand gesehen, da er über den Aufwand hinaus geht, der notwendigerweise zum Leben benötigt wird. Auf den Lebensführungszweck komme es nicht an. Verstöße gegen die Gebote der einheitlichen Rechtsordnung und Bundestreue werden verneint. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss zur so genannten „Verpackungsteuer“ zwar Stellung zum Widerspruch zwischen bundesgesetzlichen Zielen und Nebenzwecken (Lenkungseffekte) von Gemeindesteuern genommen, diese ließen sich jedoch nicht auf die Übernachtungsteuer übertragen. Es gebe keinen Lenkungseffekt, der unzulässig sein könne. Auf den Hauptzweck von Steuern, nämlich Einnahmen zu erzielen, ließe sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht anwenden. Länder und Kommunen seien verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, „im Rahmen ihrer Steuerhoheit ein mit dem Bund ‚gleichgeschaltetes’ Besteuerungsverfahren an den Tag zu legen“, weil es insoweit keine grundgesetzlichen Bindungen gebe. Die Beherbergungsteuer wird als indirekte Steuer ausgestaltet. Steuerschuldner (Betreiber des Beherbergungsbetriebes) und der eigentlich Steuerpflichtige (der den Aufwand betreibende Beherbergungsgast) sind nicht identisch. Die Steuer wird also nicht von der eigentlich wirtschaftlich zu belastenden Person, sondern von einer anderen Person (dem Betreiber des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner) eingefordert. Bei der Vergnügungsteuer auf Geldspielgeräte, die ebenfalls eine indirekte Steuer ist, ist dies der Betreiber des Geldspielgerätes. Dieser kann die Steuer auf den Spieler abwälzen. Bei der Beherbergungsteuer hat der Betreiber des Beherbergungsbetriebes die Möglichkeit, die zu entrichtende Steuer auf den Beherbergungsgast abzuwälzen. Eine klassische bundesgesetzliche indirekte Steuer ist die Umsatzsteuer, die ebenfalls vom Verkäufer auf den Endverbraucher weitergegeben wird.
Bei der Beherbergungsteuer wäre der eigentlich steuerpflichtige Beherbergungsgast zu ermitteln. Dies wäre allerdings nur mit einem erheblichen Personal- und Verwaltungsaufwand möglich. Eine Inanspruchnahme des Betreibers des Beherbergungsbetriebes als Steuerschuldner ist daher - wenn auch rechtlich umstritten - vertretbar.
· Nach Abwägung verschiedener rechtlicher Stellungnahmen und Veröffentlichungen sieht die Verwaltung eine ausreichende rechtliche Grundlage, eine Satzung zur Beherbergungsteuer zu erlassen. Die einzelnen Regelungen werden jedoch erst im Laufe von Rechtsstreitigkeiten zu klären und weiterzuentwickeln sein.
Nach Auswertung der zusammengetragenen Informationen schlägt die Verwaltung eine Satzung mit gestaffelten Festbeträgen nach Betriebsarten vor. Eine solche Verfahrensweise ist einfacher und ökonomischer zu handhaben als eine Regelung, die sich beim Steuermaßstab prozentual auf den Übernachtungspreis bezieht. Die Erhebung gestaffelter Festbeträge bedeutet gleichzeitig ein erheblich geringeres Risiko einer Gleichartigkeit mit der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer.
In dem vorgelegten Satzungsentwurf sind je Übernachtung folgende Steuersätze vorgesehen für die
Übernachtung in Jugendherbergen 0,50 € Übernachtung in Gästehäusern, Gasthöfen, Pensionen, Ferienhäusern, Privatwohnungen, Reisemobilplätzen und ähnlichen Einrichtungen 1,00 € Übernachtung in Hotels ohne Klassifizierung / bis zu einer Übernachtung in Hotels ab einer Klassifizierung von 4-Sternen 3,00 €
Die Klassifizierung von Hotels erfolgt in Anlehnung an das von dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e.V. betriebene, bundesweit einheitliche Klassifizierungssystem „Deutsche Hotelklassifizierung“ und die dort niedergelegten Kriterien. Die Definition der Betriebsarten erfolgt in Anlehnung an die internationale Terminologienorm DIN EN ISO 18513 und die deutsche Touristische Informationsnorm (TIN) des Deutschen Tourismusverbandes (DTV).
Die gewählte Unterscheidung nach Betriebsarten führt zu einer einfachen Abwicklung der Steuer, da jeder Beherbergungsbetrieb einheitlich behandelt wird. Eine alternativ denkbare Differenzierung nach Zimmerpreisen gestaltet sich hingegen als schwierig, da die Ermittlung eines Zimmerpreises angesichts der sehr differenzierten Preisgestaltung und der Ermittlung der Nettopreise (nach Abzug von Vermittlungsprovisionen, Rabatten etc.) aufwändig ist.
Mit der gewählten Differenzierung der Steuersätze nach Betriebsarten ist zudem gewährleistet, dass dem unterschiedlichen persönlichen Aufwand der Beherbergungsgäste Rechnung getragen wird.
Der Satzungsentwurf der Stadt Göttingen (§ 4) enthält eine Begrenzung der Steuerpflicht sowie eine Ausnahme der Besteuerung für Minderjährige:
Mit der Begrenzung der Steuerpflicht auf höchstens vierzehn zusammenhängende Übernachtungen pro Person soll die Besteuerung von Dauermietverhältnissen vermieden werden.
Minderjährige sollen von der Steuerpflicht ausgenommen werden, um einer übermäßigen Belastung von Familien entgegenzuwirken.
Da 82,8 % der Übernachtungen geschäftlich/beruflich veranlasst sind und hier im Regelfall weder Dauermietverhältnisse noch Übernachtungen minderjähriger Personen vorliegen, sind die auf diesen Personenkreis entfallenden Übernachtungszahlen gering und bei der Kalkulation des Steuervolumens zu vernachlässigen.
Einnahme-/Ausgabedarstellung
Nach dem vorgelegten Satzungsentwurf, der Festbeträge nach den Vorgaben des Haushaltssicherungskonzeptes der Stadt Göttingen vorsieht, ergeben sich folgende Einnahmen:
Die Steuersätze für Hotels (3,00 / 2,00 €) liegen deutlich über den Steuersätzen der Stadt Osnabrück (2,00 / 1,50 €), da andernfalls das im HSK Nr. 20/7 vom 09.06.2010 beschlos-sene Konsolidierungsziel deutlich verfehlt würde.
Nach Abzug der zur Einführung und Erhebung der Beherbergungsteuer in Göttingen notwendigen Personalkosten in Höhe von 45.000 € verbleibt eine Netto-Steuereinnahme von
rd. 902.800,00 €
Unter Zugrundelegung der Steuersätze der Stadt Osnabrück würde sich nur ein Betrag von 656.000 € ergeben. Unter Berücksichtigung der Personalkosten verbliebe ein Nettoertrag von 611.000 €.
Im Gegensatz zur Satzung in Osnabrück ist im übrigen keine zeitliche Befristung der Geltungsdauer der Satzung vorgesehen (Osnabrück: 31.12.2013). Finanzielle Auswirkungen:
Das im Haushaltssicherungskonzept vorgesehene Konsolidierungsziel von 1,0 Mio. € wird mit dem saldierten Ertrag von rd. 900.000 € nur knapp unterschritten.
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |