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Beschlussvorschlag:
Der beigefügten Zweckentfremdungssatzung wird zugestimmt.
Begründung:
Der Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Wohnungsbau hat die Verwaltung am 13.08.2019 beauftragt, eine Zweckentfremdungssatzung für Wohnraum vorzulegen. Dem kommt die Verwaltung mit dieser Vorlage nach.
Sachverhalt: Behebung des Wohnraummangels in der Stadt Göttingen durch den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung (ZwES).
A. Rechtsgrundlage Der Landesgesetzgeber hat mit dem am 5. April 2019 in Kraft getretenen Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (NZwEWG) ein Gesetz erlassen, dass Gemeinden mit nachgewiesenem Wohnraummangel dazu ermächtigt, eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum zu erlassen (Nds. GVBl. 2019, 72). Auf dieser Grundlage kann Wohnraum dann nur mit Genehmigung der Gemeinde der Wohnnutzung entzogen werden. Ob Wohnraummangel besteht, müssen die Gemeinden selbst aufgrund der örtlichen Mietpreisentwicklung oder statistischer Daten feststellen.
B. Voraussetzung für den Erlass der Zweckentfremdungssatzung Voraussetzung für den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung ist nach § 1 NZwEWG, dass in der Gemeinde die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist ("Gemeinden mit Wohnraummangel"), und diesem Wohnraummangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit durch die Gemeinde begegnet werden kann.
Die Gesetzesbegründung führt aus, dass Gemeinden Wohnungsmangel feststellen können, durch gemeindliche Informationen,
Es wird aber auch ausgeführt, dass nach dem VGH Mannheim (DVBL 2016, 255) ein starkes Indiz für das Vorliegen der Voraussetzung „Gemeinde mit Wohnraummangel“ vorliegt, wenn die Gemeinde von der Landesregierung durch Verordnung zur Festlegung des Anwendungsbereichs bundesrechtlicher Mieterschutzvorschriften (Niedersächsische Mieterschutzverordnung - MietSchVO) vom 8. November 2016 (Nds GVBL 2016, S. 252) zum Gebiet mit angespannten Wohnungsmarkt nach §§ 556 d Abs. 2 und 3 BGB erklärt worden ist, in dem eine Mietpreisbremse eingeführt wurde, die Kappungsgrenze gesenkt worden ist (§ 558 Abs. 3 BGB) oder in dem die Kündigungssperrfrist bei Umwandlung in Wohnungseigentum verlängert worden ist (§ 577a Abs. 2 BGB). Für die Stadt Göttingen greifen alle drei Schutzinstrumente nach §§ 1 bis 3 MietSchVO. Die MietSchVO ist am 01.12.2016 in Kraft getreten. Die Vorschriften zur Mietpreisbremse und Kappungsgrenze (§§1, 2 MietSchVO) treten mit Ablauf des 30.11.2021 und die Kündigungssperrfrist bei Umwandlung in Wohnungseigentum (§ 3 MietSchVO) mit Ablauf des 30.11.2023 außer Kraft.
Anlässlich der angespannten Wohnungsmarktsituation in der Stadt Göttingen wurde im Mai 2017 das Göttinger Bündnis für bezahlbares Wohnen initiiert und Vertreter*innen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, die Göttinger Wohnungs(bau)genossenschaften bzw. Wohnungsbaugesellschaften, den Verein H + G, den Mieterverein und das Studentenwerk Göttingen geladen. Kernziel dieses Bündnisses war und ist es, Beiträge/Maßnahmen zur Intensivierung des Wohnungsbaus allgemein und speziell die Schaffung von bezahlbarem bzw. gefördertem Wohnraum abzustimmen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten umzusetzen. Geplant war dazu gemeinsam ein Bekenntnis in 2018 (zweites Quartal) zu unterzeichnen, in dem sich alle Partner/innen dem Ziel verpflichten und individuelle Beiträge zur Zielerreichung zusagen. Nach insgesamt 5 Sitzungen des Bündnisses wurde im 2. Quartal 2018 das Bündnispapier unterzeichnet. Parallel dazu hat der Rat der Stadt Göttingen das „Kommunale Handlungskonzept zur Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Göttingen“ im Frühjahr 2018 verabschiedet. Es setzt sich sehr ausführlich und umfassend mit der Wohnraumversorgung in der Stadt Göttingen auseinander und gibt eine Orientierungsgrundlage für die strategische Steuerung des lokalen Wohnungsmarktes in der Stadt Göttingen, um alle Bevölkerungsgruppen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht mit Wohnraum zu versorgen. Ein Fokus gilt dabei der Schaffung des bezahlbaren/geförderten Wohnraums, der vor dem Hintergrund stetig steigender Mietpreise eine besondere Herausforderung in der Stadt Göttingen darstellt. Grundlage dieses Handlungskonzeptes sind u.a. GEWOS-Studien zur Wohnraumbedarfsprognose Göttingen /Bericht 2016 (Prognose: Bedarf an 5000 neuen Wohnungen bis 2030) und einer Analyse und Prognose der sozialen Wohnraumversorgung in der Stadt Göttingen /Bericht 2017 (Prognose: bis 2030 Bedarf an rund 3.900 geförderten Wohnungen). In diesem Handlungskonzept wird u.a. die Entwicklung der Bevölkerungszahl als wichtige Einflussgröße für die Nachfrage am Wohnungsmarkt dargestellt. Die Steigerung der Bevölkerungszahl von 2015 (132.900) auf 2016 (134.216) setzt sich auch in 2017 (134.824) und 2018 (135.299) fort. Weiter wurde in dem Handlungskonzept ausgeführt, dass die Entwicklung der Bautätigkeit und der erteilten Baugenehmigungen in den letzten Jahren nicht dem Zuwachs der Bevölkerungsentwicklung entsprochen hat. So stieg in 2017 zwar die Anzahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Vergleich zu 2016 (183) auf 276, die Baufertigstellung 2017 ging jedoch im Vergleich zu 2016 (314) auf 244 zurück.
Auch die im Handlungskonzept vereinbarten Maßnahmen und Instrumente zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums wie u.a. eine 30%ige Quotenregelung für Sozialen Wohnungsbau bei Neubau von Wohnraum, den Ankauf von neuen Belegungsrechten/Mietpreisbindungen, eine kommunale Anreizförderung zur Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums, die Einrichtungen einer zentralen Anlauf und Koordinierungsstelle für Wohnungsbauvorhaben sowie anderer Maßnahmen und Instrumente zur Transparenz und für die Verbesserung der Flächenverfügbarkeit für den Wohnungsbau haben aktuell noch zu keiner Entspannung auf dem Wohnungsmarkt geführt. Die Anzahl der auf dem Wohnungsmarkt besonders benachteiligten Haushaltsgemeinschaften, die sich im Fachdienst Wohnraumangelegenheiten als wohnungssuchend gemeldet haben, liegt aktuell in 2019 bei 201 mit steigender Tendenz. Im Jahr 2018 haben sich 162 Haushaltsgemeinschaften als wohnungssuchend gemeldet. Die durchschnittliche Wartezeit bis zur Vermittlung einer Wohnung beträgt zurzeit 12 Monate bei Einzelpersonen und 2-Personenhaushalten. Bei Familien mit Kindern beträgt die durchschnittliche Wartezeit mehr als 12 Monate. Die zahlenmäßig gleiche Entwicklung spiegelt sich in der Ausstellung von Wohnberechtigungsscheinen (B-Scheine) wider. Wurden in 2017 noch 198 B-Scheine ausgestellt, waren es 2018 bereits 258 und in 2019 liegt die Anzahl aktuell bei 245. Es ist davon auszugehen, dass es zum Jahresende 300 ausgestellte B-Scheine sein werden.
Die Verwaltung schlägt daher vor, dass das durch den Gesetzgeber im NZwEWG eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt wird, dass die Anwendung des Zweckentfremdungsverbots durch Satzung auf die in § 1 NZwEWG genannten Zweckentfremdungen für zunächst 2 Jahre (Außerkrafttreten der §§1, 2 MietSchVO zum 30.11.2021) angewendet wird. Sollte sich keine Entspannung der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt in der Stadt Göttingen ergeben, wird die Verwaltung prüfen, ob eine ausdrückliche Verlängerung der Satzung vorzunehmen ist.
C. Satzungsinhalt
zu § 1 Anwendungsbereich Die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf frei finanzierten Wohnraum hängt mit dem Verhältnis zu § 10 Nds. Wohnraumfördergesetz zusammen, das eigene Regelungen zur Zweckentfremdung enthält.
Zu § 2 Verwaltungsgebühren Die Erhebung von Verwaltungsgebühren richtet sich nach der Verwaltungsgebührensatzung. Bislang besteht noch kein spezieller Gebührentatbestand für die einzelnen Handlungen nach dieser Satzung (Zweckentfremdungsgenehmigung, Negativattest, Anordnungen u. a.). Es ist aber geplant, die Verwaltungsgebührensatzung zeitnah entsprechend zu überarbeiten.
Zu § 3 Inkrafttreten und Geltungsdauer Hier werden das Inkrafttreten sowie die Befristung der Geltungsdauer auf zwei Jahre geregelt. Die Befristung dient der Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe in § 1 Abs. 1 S. 3 NZwEWG. Finanzielle Auswirkungen:
Bei der Abwicklung dieser zusätzlichen Aufgabe muss mit zusätzlichen Personalkapazitäten gerechnet werden, die eine Ausweisung von Stellenanteilen gegebenenfalls dem Rat mit dem Nachtragshaushalt 2020 vorgeschlagen werden. (Personalkosten für 1 halbe Stellen EG 8 ca. 25.000,- €)
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