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32. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Göttingen
TOP: Ö 13.1
Gremium: Rat Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Fr, 13.03.2015 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 19:45 Anlass: Ordentliche Sitzung
Raum: Ratssaal des Neuen Rathauses, Hiroshimaplatz 1 - 4, 37083 Göttingen
Ort:
FB80/0524/15 Verkauf der Immobilie Bürgerstraße 15 - EHP V 043 -
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage/sonstige Vorlage
  Aktenzeichen:D/80 Bürgerstraße 15
Federführend:80-Fachbereich Gebäude und Immobilien   
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis
Beschluss

 

Ratsvorsitzende Frau Bank teilt mit, dass der Verwaltungsausschuss eine Beschlussfassung mehrheitlich gegen 1 Nein-Stimme empfohlen habe.

 

Stadtrat Dienberg berichtet ausführlich von der Entwicklung der Beschlussvorlage und weist u.a. darauf hin, dass er die erhobenen Kritik, der Verkauf würde übereilt vollzogen werden, nicht teile. Bereits seit dem Jahr 2011 sei man bekanntermaßen auf der Suche nach einem Käufer für dieses Gebäude. Es sei in diversen Ausschusssitzungen und anderen Veranstaltungen ausgiebig darüber beraten worden, in welcher Weise die Stadt Göttingen unter Berücksichtigung der Regelungen des NKomVG sich von ihrem Eigentum an der ehemaligen Voigtschule trennen könne. Der Rat habe u.a. dies mit der Verabschiedung des Entschuldungshilfeprogramms entschieden.

Stadtrat Dienberg teilt weiter mit, dass eine Entscheidung, das Gebäude an das für Göttingen wichtige Goetheinstitut zu veräern, auf dessen Initiative hin herbeigeführt werden soll.

Das Goetheinstitut sei an die Stadt Göttingen herangetreten und habe deutlich gemacht, dass der jetzige Standort und die Größe des Gebäudes „Fridjof-Nannsen-Haus“ nicht mehr die Anforderungen, die für eine zeitgemäße Leistungserbringung notwendig seien, erfüllen könne.

Die örtliche Geschäftsführung des Goetheinstituts habe darüber hinaus mitgeteilt, dass von vielen Besucherinnen und Besuchern des Instituts der eigentliche Standort bemängelt wurde und man lieber in der Innenstadt arbeiten würde. 

Dabei müsse man auch betrachten, dass in dem Gebäude der ehemaligen Voigtschule keine Übernachtungen durch das Institut vorgesehen seien. Aufgrund beabsichtigter studentischer Unterkünfte z.B. im Bereich des Güterbahnhofs („Bartholomäusbogen“) wäre eine Verlegung des Instituts in die Bürgerstraße, die bequem von dort fußufig oder mit dem Fahrrad angesteuert werden könne, von großem Vorteil. Nicht nur das Goetheinstitut verspreche sich dadurch eine Attraktivitätssteigerung, auch die Innenstadt selbst könnte hiervon erheblich profitieren.

Letztlich müsse er auch darauf hinweisen, dass das Goetheinstitut zentral von München aus ihre Standortfragen regelt und koordiniert. Auch wenn der Göttinger Standort grundsätzlich nicht in Frage gestellt werde, sollte gleichwohl alles getan werden, um diesen auch in der Zukunft zu behalten.

 

Ratsherr Rieth verweist auf eine Entscheidungen zum EHP, nach der u.a. auch 10 Häuser aus dem Eigentum der Stadt Göttingen verkauft werden sollten. Dieser heute in Rede stehende Verkauf sei nach seiner Auffassung unter Berücksichtigung der Historie als ein „Demokratie- und Kommunikationsdesaster“ zu bezeichnen. Als z.B. das Gebäude Bühlstraße 28 veräert werden sollte und ein massiver Protest der dort lebenden Studierenden wahrgenommen wurde, habe die Piraten-Ratsfraktion im Sommer 2012 beantragt, dass die Verwaltung mehr als nur die bisher 10 Gebäude zum Verkauf anbieten solle. Die Verwaltung habe dies jedoch bis heute nicht umgesetzt.

Das Gebäude der ehemaligen Voigtschule sollte seinerzeit nur gemeinsam mit der Baptistenkirche zum Verkauf angeboten werden, was naturgemäß die Suche nach Investoren erschwerte. Die sich daran anschließende Bewertung der Verkaufsvorrausetzungen und die Gewichtung die Kaufentscheidung (Kaufpreis 50%, Nutzung 40 %; Freiflächengestaltung 10 %) tten zur Hoffnung Anlass gegeben, dass das Gebäude für sinnvolle kulturelle und/oder soziale Zwecke nutzbar gemacht werden sollte und Transparenz und Bürgerbeteiligung dabei Beachtung finden sollten. Bedauerlicherweise habe es in der Umsetzung viele Unstimmigkeiten über die nicht nachvollziehbare Art der Punktevergabe gegeben.

Ratsherr Rieth teilt weiter mit, dass beide Gebäude dann gegen den Willen der Piraten-Ratsfraktion an einen Investor aus Bielefeld veräert werden sollten, was im Anschluss wegen fehlender Nutzungskonzepte zurückgenommen wurde.

Statt nun aber Verhandlungen mit weiteren potentiellen Bietern wieder aufzunehmen, habe die Verwaltung plötzlich Eigenbedarf angemeldet und beabsichtigt, das Städtische Museum dort unterzubringen. Auch dieses Ansinnen wurde erfreulicherweise wieder zurückgezogen.

Gut sei, dass nunmehr ein separater Verkauf der Voigtschule und der Baptistenkirche möglich sein sollte, was im vergangenen Jahr die Verhandlungen mit den „ttinger Filmkunstfreunden“ über eine Nutzung der Baptistenkirche überhaupt möglich gemacht habe.

Bisher habe man rd. vier Jahre öffentlich über die Voigtschule diskutiert, die nun innerhalb von wenigen Tagen überraschend an das Goetheinstitut verkauft werden soll.

Ratsherr Rieth kritisiert insbesondere, dass diese Entscheidung am Rande eines Termins bei Oberbürgermeister Köhler mitgeteilt wurde, an dem die Piraten-Ratsfraktion aufgrund des eigentlichen Themas (Antrag der ndnis90/Die Grünen-Ratsfraktion zum Thema Haushalt) von einer Teilnahme abgesehen habe. Darüber hinaus seien nicht alle Fraktionsvorsitzenden hiervon in Kenntnis gesetzt worden, wie es eine Pressemitteilung der Verwaltung suggerieren  wollte. Eine kurzfristige, ebenso überraschende Ergänzung der Tagesordnung des Ausschussr Bauen, Planung und Grundstücke um dieses Thema, habe er nicht erwartet und vorher von einer Teilnahme an dieser Sitzung aus Termingründen abgesehen.

Der Ausschuss habe nun eine einstimmige Empfehlung abgegeben, ohne mit den seinerzeit ebenfalls am Kauf interessierten Gruppen erneut in Kontakt treten zu wollen.

Auch bleiben nun die seinerzeit aufgestellten Voraussetzungen außen vor und bekannt sei lediglich, dass das Gebäude zu einem Verkaufspreis in Höhe von 400.000 EUR veräert werden soll. Er behaupte, dass - hätte man das seinerzeit festgelegte Punktesystem hier als Kriterium angewandt - das Goetheinstitut nicht den Zuschlag erhalten hätte. Insofern hätte man den TOP heute vertagen und die zu erfüllenden Kriterien genau prüfen sollen.

Ratsherr Rieth betont, dass das Goetheinstitut durchaus auch ein willkommener Käufer der Voigtschule sei, jedoch schätze man die Konzepte der anderen Interessenten für das Gebäude ebenfalls als sehr gut ein.

Da es aber keinerlei Beratungen mehr hierüber geben soll und weil die Stimmenthaltung bei der Abstimmung der Protesthaltung der Piraten-Ratsfraktion nicht gerecht werde, kündigt Ratsherr Rieth abschließend an, dass die Piraten-Ratsfraktion sich an der Abstimmung nicht beteiligen und den Ratssaal verlassen werde.

Letztlich stellt er den Antrag, Frau Funke von der Initiative B.U.N.T.E.S. als sachverständige Bürgerin hierzu zu hören.

 

Stadtrat Dienberg weist nochmals darauf hin, dass nach seiner Einsctzung alle für den Verkauf erforderlichen Unterlagen rechtzeilig vorgelegen hätten und versandt worden seien. Von einem übereilten Beschluss könne nicht die Rede sein. Darüber hinaus habe Herr Ramaswamy an der in Rede stehenden Sitzung des Fachausschusses teilgenommen und mitgeteilt, dass er das Goetheinstitut für einen guten Käufer halte.

 

Herr Rieth bezweifelt, dass die erforderlichen Unterlagen rechtzeitig versandt worden seien. Unabhängig davon wolle er darauf hinweisen, dass die Piraten-Ratsfraktion grundsätzlich nicht gegen den Verkauf an das Goetheinstitut sei, jedoch vorher auch die anderen, bestehenden Konzept interessierte Gruppen usw. hätten untersucht werden müssen. Eine Abwägung unter Berücksichtigung des einvernehmlich entwickelten „Punktessystems“ habe nicht stattgefunden.

 

(Anschließend verlassen die Mitglieder der Piraten-Ratsfraktion den Ratssaal)

 

Ratsherr Humke weist darauf hin, dass auch er an der Sitzung des Fachausschusses krankheitsbedingt nicht habe teilnehmen können. Nun soll schnell ein Beschluss gefasst und weitere Diskussionen über vorhandene und gute Nutzungskonzepte Dritter ausgeschlossen werden. Die GöLINKE-Ratsfraktion werde daher gegen die Empfehlung stimmen, was sich aber nicht gegen das Goetheinstitut richte. Er bedaure dieses Verfahren sehr.

 

Ratsherr Roth vertritt in der sich anschließenden Diskussion die Auffassung, dass die Verwaltung nachvollziehbar habe darlegen können, warum sie die Beschlussempfehlung kurzfristig aber immer noch rechtzeitig vorlegen musste. Auch wenn man gern mehr Zeit gehabt hätte, seien die erforderlichen Fristen beachtet worden. Unter Berücksichtigung der lange bestehenden Verkaufsabsicht als Bestandteil des EHP und weil man den Verkauf an das Goetheinstitut positiv beurteile, könne die Bündnis90/Die Grünen-Ratsfraktion der abschließenden Verwaltungsempfehlung zustimmen.

 

r die SPD-Ratsfraktion teilt Ratsherr Henze mit, dass es das Konzept des renommierten  Goetheinstituts sei, das den Ausschuss für Bauen, Planung und Grundstücke zu einer einstimmigen Beschlussempfehlung bewogen habe. Nicht nachvollziehen könne er, wenn nun nach vier Jahren Käufersuche und ein hervorragender Interessent vorhanden sei, der Verkauf nun nach Kriterien von vor zwei Jahren bewertet werden soll. Man sei erleichtert, mit dem Goetheinstitut einen guten Käufer gefunden zu haben, der eine gute Nutzung des Gebäudes garantieren könne.

 

Ratsherr Arnold vertritt die Auffassung, dass eine gute Demokratie sich nicht unbedingt durch lange, ergebnislose Diskussionen auszeichne, Vielmehr sollte man sich bietende, gute Gelegenheiten auch „beim Schopfe packen“. Das Goetheinstitut sei für den internationalen Bekanntheitsgrad der Stadt ttingen mindestens ebenso wichtig wie z.B. das Max-Planck-Institut.

tte es damals schon das Goetheinstitut als potentiellen Käufer gegeben, wären die zwischenzeitlichen Diskussionen sicherlich gar nicht mehr geführt worden.

 

Ratsfrau Morgenroth weist darauf hin, dass das Goetheinstitut u.a. mitgeteilt habe, Räume der ehemaligen Voigtschule auch für kulturelle Zwecke zur Verfügung stellen zu wollen. Dies könne nach Auffassung der Bündnis90/Die Grünen-Ratsfraktion zu einer guten Symbiose führen. Diskussionen darüber sollten aber in den Fachausschuss für Kultur verlegt werden.

 

Oberbürgermeister hler stellt fest, dass kein Ratsmitglied etwas gegen das Goetheinstitut habe und dadurch signalisiere, das Institut gern in Göttingen behalten zu wollen. Dieses wiederum setze voraus, dass man sich über den Standort, die bauliche Ausstattung zur Verfügung gestellter Gebäude und die Nachhaltigkeit Gedanken machensse.

Den teilweise erhobenen Vorwürfen der „geheimen Verhandlungen“ und „Hinterzimmergesprächen“, in denen die Entscheidungen für das Goetheinstitut  getroffen worden seien, müsse er strikt zurückweisen. Ausführliche Debatten im öffentlichen Fachausschuss hätten sehr wohl stattgefunden.

Oberbürgermeister hler teilt weiter mit, dass das Goetheinstitut sich derzeit an einem Standort befinde, der aus eigener Sicht nicht mehr zeitgemäß sei. Es sei daher die Aufgabe des Rates, sich im Interesse der Stadt für die Ansiedlung des Goetheinstituts einzubringen. Wenn das Institut dann erklärt, dass der damals gewählte Standort heute nicht mehr den pädagogischen und strukturellen Konzepten genüge, sei es die Aufgabe des Rates und der Verwaltung, einen besseren Standort zu suchen. Dieses gesuchte Gebäude habe man in der Bürgerstraße 15 gefunden, das sich aufgrund der bisherigen schulischen Nutzung hervorragend für die Zwecke des Goetheinstituts eigne,.

Auch die anderen Konzepte, die für eine Nutzung des Gebäudes vorgestellt worden seien, seien durchaus zu würdigen. Bedauerlicherweise gebe es aber nur ein Gebäude, um dass sich die Diskussionen drehen könnten.

Das Goetheinstitut wolle übrigens auch nicht benötigten Raum für kulturelle Zwecke an interessierte Gruppen günstig vermieten. Insofern werde man auch diesen Forderungen zur Nutzung der Voigtschule gerecht.

 

Im Anschluss ist der Rat einstimmig damit einverstanden, Frau Funke von der Initiative B.U.N.T.E.S. zu hören.

 

Frau Funke stellt sodann die verschiedensten Nutzungsmöglichkeiten vor, die die Initiative sich im dem Gebäude der ehemaligen Voigtschule vorstellen könne.

Sie bedauert, dass die Konzepte Dritter nunmehr gar nicht mehr angehört und geprüft werden sollen. In dem von der Initiative entwickelten Nutzungskonzept sei z.B. eine Nutzung durch das  Goetheinstitut ausdrücklich vorgesehen, ohne dass die Stadt das Eigentum an dem Gebäude aufgeben müsse. Dass es keine Zeit mehr für Diskussionen geben soll, bedauert Frau Funke ebenfalls sehr, zumal es in Göttingen einen großen Bedarf an barrierefreiem, öffentlichem Raum gebe, dem man mit dem eigenen Konzept entgegen treten wollte.

Abschließend teilt Frau Funke ihr Unverständnis darüber mit, dass es zu den übersandten Informationen und Hinweisen über die vielfältigen Ideen der Initiative B.U.N.T.E.S. teilweise despektierliche Antworten von Ratsmitgliedern gegeben habe und man darüber hinaus keine Chance erhalten habe, diese Konzepte einmal diskutieren zu können.

Der Rat beschließt mit Mehrheit gegen 2 Nein-Stimmen:

 

1.               Der Prüfungsauftrag des Rates vom 16.05.2014 (OB/0007/14) bezüglich einer möglichen  Unterbringung des Städtischen Museums in dem Gebäude Bürgerstraße 15, Göttingen, wird aufgehoben.

 

2.              Gemäß Entscheidung des Rates vom 26.04.2012 über das Entschuldungshilfeprogramm (EHP) wird folgende Maßnahme umgesetzt:

 

Die Verwaltung wird ermächtigt,

 

-               eine Teilfläche des Grundstücks Gemarkung Göttingen, Flur 31, Flursck 92/2, Bürgerstraße 15, ca. 3.000 m² und

das Grundstück Gemarkung Göttingen, Flur 31, Flurstück 334/21, Bürgerstraße 15, 270 m² groß,

 

an das Goethe-Institut, Sonnenstraße 25, 80331 München, zu verkaufen.

 

Das Grundstück ist im beiliegenden Übersichtsplan gekennzeichnet.

 

 

 
 

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