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Ratsvorsitzende Frau Bank teilt mit, dass der Verwaltungsausschuss empfohlen habe, diesen Antrag zur weiteren Beratung in den Jugendhilfeausschuss zu überweisen.
Im Anschluss teilt Bürgermeisterin Behbehani in der Begründung des Antrages u.a. mit, dass von den in Göttingen ankommenden Flüchtlingen rund die Hälfte unter 18 Jahren alt seien. Bei den in diesem Jahr erwarteten rd. 700 Flüchtlingen sei es besonders wichtig, sich der großen Gruppe von Kindern und Jugendlichen besonders anzunehmen. Hinter den ständig diskutierten Zahlen zur Anzahl der Flüchtlinge, der Kosten usw. stünden immer Menschen mit eigenen, oftmals traumatischen Geschichten. Kinder und Jugendliche, die mit oder ohne Eltern geflüchtet seien, hätten ihre Heimat verloren, ihre Freunde, die vertraute Umgebung und nicht selten ihre ganze Familie. Etwa 90 unbegleitete Jugendliche unter 18 Jahren lebten bereits in Göttingen. Diese würden zum Teil von einem Fachteam der Jugendhilfe Südniedersachsen mit viel Fingerspitzengefühl betreut. Sie lebten idealerweise meist in Wohngruppen zusammen. Dort könnten die Flüchtlinge die selbständige Bewältigung des Alltags erlernen. Die Jugendhilfe Südniedersachsen aber benötige dringend weitere Wohnungen und Sozialtherapeuten, damit auch mehr Jugendliche dezentral untergebracht werden können. Bürgermeisterin Behbehani weist darauf hin, dass es in Göttingen ein gutes Angebot an Therapeuten gebe. Allerdings seien nur wenige auf Traumabehandlungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert. Dem gegenüber stehe die notwendige Unterstützung und Beratung der Kitas, der Schulen und Betreuer in Einrichtungen, wie man mit einem kriegs- und fluchttraumatisierten Kind oder Jugendlichen umgehen sollte. Eine Vernetzung der Traumaspezialisten und ein umfängliches Beratungsangebot seien dringend notwendig. Willkommenskultur heiße auch, die praktischen Voraussetzungen für die jungen Flüchtlinge so zu gestalten, dass sie sich in der ungewohnten Umgebung zurechtfinden lernen, zur Ruhe kommen und für sich wieder eine Zukunft sehen können. Ein gut aufeinander abgestimmtes Netzwerk an Hilfen und Förderungen könne in Abstimmung mit der qualifizierten Fachverwaltung der Stadt Göttingen diese Aufgaben gut erfüllen. Bürgermeisterin Behbehani bedankt sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich bei allen Bürgerinnen und Bürgern und den Vereinen, die ihre Hilfe hierbei schon angeboten hätten. Göttingen besitze gute Voraussetzungen, um insbesondere den von Flucht und Vertreibung gezeichneten Kindern und Jugendlichen ein besseres Leben zu ermöglichen, wobei man auf eine auskömmliche Finanzierung der Betreuungs- und Bildungsangebote angewiesen sei.
Ratsfrau Fischer weist darauf hin, dass immer mehr Konflikte, Kriege und Katastrophen weltweit für immer mehr Flüchtlinge in Deutschland und in anderen Ländern Europas verantwortlich seien. Bund, Länder und Kommunen stünden vor großen Herausforderungen. Die CDU/FDP-Gruppe sehe die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an. Die mit dem Antrag geforderte Vernetzung der unterschiedlichsten Institutionen und Verbände sei hierfür sehr wichtig. Da im Ortsteil Geismar das erste größere Flüchtlingswohnheim entstehe, habe der Ortsrat Geismar die Verwaltung auch gebeten, einen „Beirat“ einzurichten. Viele unbegleitete Jugendliche und Kinder, die nach dem Jugendhilfegesetz dort aufgenommen und betreut werden müssen, wo sie sich aufhalten oder aufgegriffen würden, seien in Göttingen bereits angekommen. Betonen möchte Ratsfrau Fischer, dass diese Kinder und Jugendlichen nicht freiwillig nach Deutschland gekommen seien, sondern vor Krieg, Not und Gewalt hätten flüchten müssen. Viele seien von Krieg und Terror traumatisiert und fänden sich nun in einem für sie völlig fremden Land wieder. Besonders diesen Kindern und Jugendlichen zu helfen, sei eine wichtige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Seit dem Jahr 2011 sei die Zahl der unbegleiteten Jugendlichen auch in Göttingen erheblich gestiegen. Diese würden auch in Gastfamilien und betreuten Wohnungen der Jugendhilfe Südniedersachsen untergebracht werden. Es gebe zur Zeit 15 bis 20 Gastfamilien, die bereit seien, jugendliche Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Familien würden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendhilfe Südniedersachsen dabei unterstützt. Diese Unterbringung ist bundesweit anerkannt und einmalig. Das betreute Wohnen sei ebenfalls sehr erfolgreich installiert worden und helfe den Jugendlichen bei ihrer Integration. Abschließend weist Ratsfrau Fischer ebenfalls daraufhin, dass bedauerlicherweise Bund und Land keine zusätzlichen Mittel z.B. für weitere Sprachlernklassen zur Verfügung stellen würden. Die CDU/FDP-Gruppe bedaure daher auch, dass in Göttingen die Hauptschulen abgeschafft werden, die wiederum viele Flüchtlingskinder in kleinen Gruppen hätten aufnehmen und betreuen können. Das Land müsse letztlich aufgefordert werden, die Kostenpauschalen für die Betreuung von Flüchtlingen grundsätzlich aufzustocken, damit dies für die Kommunen auch auskömmlich werde. Der Überweisung in den Jugendhilfeausschuss stimme die CDU/FDP-Gruppe zu.
Für die Bündnis90/Die Grünen-Ratsfraktion verliest und begründet Ratsherr Tugcu folgenden Änderungsantrag:
„Der Rat möge beschließen:
Der zweite Absatz des Antragstextes wird ersetzt durch den Satz.
Die Verwaltung wird darüber hinaus beauftragt, in der Öffentlichkeit aktiv für die Unterbringung unbegleiteter, minderjähriger Jugendlicher in privaten Pflegefamilien zu werben. Dazu ist zunächst ein Konzept zu erstellen, das dem zuständigen Fachausschuss vorzustellen ist.“
Ratsherr Tugcu teilt mit, dass der ursprüngliche Antrag zur richtigen Zeit gestellt worden sei und auch das beschriebene, große Engagement der Bürgerinnen und Bürger anerkannt werden müsse. Der zusätzliche Aspekt des Änderungsantrags soll es ermöglichen, durch die Bereitschaft weiterer Pflegefamilien den bestehenden Druck bei der Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge zu vermindern. Die Integration dieser Jugendlichen könnte auf diesem Weg besonders gefördert und beschleunigt werden. Durch eine gezielte Werbekampagne könnten sicherlich weitere Hilfen erwartet und deutlich gemacht werden, in welchen Bereichen weitere Unterstützung sinnvoll sei. Die Bündnis90/Die Grünen-Ratsfraktion unterstütze die Überweisung des Antrags der SPD-Ratsfraktion, bitte aber darum, diesen um den Änderungsantrag zu ergänzen.
Ratsherr Humke teilt mit, dass die GöLINKE-Ratsfraktion ebenfalls dem Antrag zustimmen könne und auch die Ergänzung Unterstützung finde. Man dürfe aber nicht unbeachtet lassen, dass aus der Bundespolitik oftmals andere Vorschläge hinsichtlich der Aufnahmen von Flüchtlingen kommen. Das dort favorisierte Quotensystem, das nach seiner Auffassung lediglich die „ökonomische Verwertbarkeit“ der Flüchtlinge berücksichtige, werde grundsätzlich abgelehnt. Hier böten die Anträge einen guten Gegenpol, der unterstützt werden sollte. Für ihn unverständlich sei die Aussage von Ratsfrau Fischer, dass die Abschaffung der Hauptschulen als Faktor betrachtet wird, minderjährige Flüchtlinge nicht angemessen begleiten zu können. Dieser Zusammenhang sei absurd. Der Überweisung beider Anträge in den Jugendhilfeausschuss stimme die GöLINKE-Ratsfraktion zu.
In ihrem Schlusswort teilt Bürgermeisterin Behbehani mit, dass der Änderungsantrag selbstverständlich mitgetragen werde, jedoch die Zeit für die Entwicklung eines geforderten Konzepts sehr knapp sei und schon vorher so schnell wie möglich gehandelt werden müsse.
Der Rat beschließt sodann einstimmig, die folgenden Anträge zur weiteren Beratung in den Jugendhilfeausschuss zu überweisen:
Antrag der SPD-Ratsfraktion:
„Der Rat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, die freien und städtischen Kitas, die Schulen, die Sozialdienste der freien Träger der Jugendhilfe und der Wohlfahrtspflege, die Beschäftigungsförderung, das Migrationszentrum und die Ehrenamtlichen bei ihrer Tätigkeit im Rahmen der Betreuung von Flüchtlingskindern und -jugendlichen besonders zu unterstützen und deren Vernetzung zu befördern.
Die Verwaltung möge bei der Landesregierung in Hannover die vom Bund in Aussicht gestellten Mittel für die Flüchtlingsbetreuung zeitnah einfordern.“
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Änderungsantrag der Bündnis90/Die Grünen-Ratsfraktion:
„Der Rat möge beschließen:
Der zweite Absatz des Antragstextes wird ersetzt durch den Satz.
Die Verwaltung wird darüber hinaus beauftragt, in der Öffentlichkeit aktiv für die Unterbringung unbegleiteter, minderjähriger Jugendlicher in privaten Pflegefamilien zu werben. Dazu ist zunächst ein Konzept zu erstellen, das dem zuständigen Fachausschuss vorzustellen ist.“
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