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21. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Bauen, Planung und Grundstücke
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Bauen, Planung und Grundstücke Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 24.01.2013 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:15 - 21:35 Anlass: Ordentliche Sitzung
Raum: Sitzungsraum CHELTENHAM (118), Hiroshimaplatz 1 - 4, 37083 Göttingen (barrierefrei)
Ort:
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis
Beschluss

Herr Dienberg verweist auf die bisherige Diskussion zur 380-kv-Höchstspannungsleitung. Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens habe für den Bereich Göttingens eine Erdverkabelung erreicht werden können; vorgesehen sei zunächst eine autobahnnahe Trassenführung gewesen. Allerdings habe er mittlerweile von Überlegungen Kenntnis erlangt, ggfs. auch abweichende Trassierungen zu planen; dies werde seitens der Verwaltung kritisch beurteilt. Das Raumordnungsverfahren benenne allerdings lediglich einen Trassenkorridor; die Bestimmung des genauen Trassenverlaufs bleibe dem künftigen Planfeststellungs­verfahren vorbehalten. Dieses Verfahren werde voraussichtlich im August eingeleitet werden. Er wolle an dieser Stelle nochmals deutlich machen, dass die Stadt Göttingen nicht Träger dieses Verfahren sei. Gleichwohl sehe sich die Stadt in der Verantwortung, den Prozess aktiv zu begleiten, um die Interessen der Stadt und der betroffenen Anlieger zu wahren. Hierzu organisiere die Verwaltung derzeit eine Bürgerinformationsveranstaltung; diese werde voraussichtlich in der ersten Märzhälfte stattfinden. Ziel dieser Veranstaltung solle es sein, zum Einen über die aktuellen Planungen des Trassenbetreibers „Tennet“ informiert zu werden und zum Anderen die betroffenen Bürger zu Wort kommen zu lassen. Die Stadt fordere nach wie vor eine Trassierung in Autobahnnähe.

 

Über die hier in Rede stehende 380-kv-Höchstspannungsleitung hinaus hätten sich jedoch im Rahmen des Netzentwicklungsplans 2012 die Hinweise verdichtet, dass Göttingen auch von weiteren derartigen Trassen betroffen sein könnte. Der Netzplan definiere hier allerdings nur sehr grobrastrige Korridore; eine genauer Verlauf stehe noch nicht fest. Es werde jedoch deutlich, dass der südniedersächsische Raum erneut im Fokus derartiger Überlegungen stehe. Hier sei eine konzentrierte Planung der verschiedenen Trassen notwendig, zumal es sich jeweils um den gleichen Planungsträger handele. Eine derartige übergeordnete Planung vermisse er derzeit; auch auf Bundesebene finde seines Erachtens keine effektive Koordinierung statt.

 

Auf Nachfrage von Frau Behbehani teilt Herr Dienberg mit, dass über den Städtetag eine Abstimmung der betroffenen Kommunen angestrebt werde, um die kommunalen Interessen in diesem Verfahren zu bündeln.

 

Herr Ohlow erläutert, dass im Rahmen der seinerzeitigen Landesplanerische Feststellung der Trassenkorridor für die 380-kv-Höchstspannungsleitung zeichnerisch im Bereich der BAB 7 dargestellt worden sei, die textlichen Erläuterungen dazu jedoch auch Bereiche westlich der BAB 7 erfassten. Derzeit lägen der Stadt zwar keinerlei aktuelle Planungen vor, auch sei wie dargelegt das Planfeststellungsverfahren noch nicht begonnen worden. Die umweltrechtlichen Vorprüfungen im Rahmen des sog. „scopings“tten jedoch ergeben, dass z.B. auch eine Trassenvariante zwischen Hetjershausen und Knutbühren als zu prüfende Variante dargestellt werde. Er räume ein, dass eine autobahnnahe Trassierung technisch anspruchsvoll sei, da hier eine Vielzahl von Versorgungsleitungen verliefe. So werde z.B. eine Gashochdruckleitung westlich der BAB 7 geführt. Auf die bestehende Hochspannungsleitung in diesem Bereich werde ebenfalls verwiesen. Die Stadt wolle jedoch gleichwohl von ihrer Forderung einer autobahnnahen Trassierung nicht abrücken.

 

Offensichtlich erarbeite Tennet derzeit folgende Trassenvarianten:

?         eine Trassierung zwischen Hetjershausen und Elliehausen und von dort aus westlich um Groß-Ellershausen herum sowie

?         eine Trassierung zwischen Hetjershausen und Elliehausen und von dort aus an die BAB 7 herangeführt.

 

Auf Nachfrage von Herrn Gilewski erläutert Herr Dienberg, dass für den Bau einer erdverkabelten Höchstspannungsleitung ein Baufeld von einer Breite von rd. 45 Metern benötigt werde. Nach Fertigstellung der Trasse müsse ein Bereich von 20 Metern Breite zur Verfügung stehen. Ferner müsse die Trasse weitestgehend frei zugänglich sein, um evtl. Schäden zeitnah beheben zu können. Er räume ein, dass dies im Bereich der BAB 7 durchaus schwierig sein könne, da sich hier eine Vielzahl von Verkehrs- und Infrastrukturanlagenndelten. Er gehe jedoch davon aus, dass auch diese Fragestellungen gelöst werden könnten. Letztendlich bleibe dies einer entsprechenden Detailplanung vorbehalten, die Tennet aber bislang noch nicht vorgelegt habe.

 

Herr Ohlowhrt weiter aus, dass über die bisher vorgestellte 380 kV-Leitung Wahle Mecklar hinaus an den südniedersächsischen Raum weitere Anforderungen gestellt würden. Wie bereits dargelegt, treffe der Netzentwicklungsplans 2012 entsprechende Aussagen. Die hierzu veröffentlichten Übersichtskarten ließen vermuten, dass die Stadt Göttingen erneut als Durchleitungsgebiet genutzt werde. Die bisherigen Planungen zur 380 KV-Trasse Wahle-Mecklar tten bereits deutlich gemacht, dass aufgrund der räumlichen Gegebenheiten erhebliche Nutzungskonflikte bewältigt werden müssten.

 

Im Rahmen der bisherigen Vorplanungen sei deutlich geworden, dass ein linearer, gebündelter Trassenverlauf in einem verdichteten Siedlungsraum wie Göttingen mit unterschiedlichen Wohn- und Gewerbenutzungen sowie einer Vielzahl von Versorgungs- und Verkehrstrassen kaum möglich sei. Im Ergebnis sei die Belastbarkeit des Stadtgebietes begrenzt. Um die berechtigten Schutzbelange der Bevölkerung vorrangig zu beachten werde daher vorgeschlagen, das Stadtgebiet nicht erneut in Anspruch zu nehmen zumindest sollte jedoch anstatt einer Freileitung eine Erdverkabelung erfolgen.

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Sodann unterbricht Herr Holefleisch die Beratung der Ausschussmitglieder, um Bürgeranhörungen i.S.v. § 62 NKomVG zu diesem Tagesordnungspunkt zuzulassen.

 

Herr Schmidt (Einwohner der Ortschaft Elliehausen) erklärt, dass die Planungen seitens des Leitungsbetreibers seines Erachtens bereits deutlich weiter fortgeschritten seien, als dies der Verwaltung bekannt sei. Er befürchte eine deutliche Verschlechterung der Wohnqualit in Elliehausen. Wenn schon eine 380-kV-Höchstspannungstrasse erstellt werde, dann sollte zumindest im Gegenzug die bisherige 220-kV-Trasse zurückgebaut werden. Die Erdverkabelung sei für ihn keine geeignete Lösung. Er plädiere dafür, die Trasse weiträumig um die Ortschaften herumzuführen. Sofern dies gewährleistet sei, komme auch eine Freileitung in Betracht. Herr Ohlow entgegnet, dass eine solche Leitung enorme Masthöhen erfordern würde; das Landschaftsbild werde mithin massiv beeinträchtigt. Herr Dienberg bittet darum, der Verwaltung Informationen zur Verfügung zu stellen, sofern die betroffenen Bürger von Planungsständen Kenntnis erlangten, die der Stadt noch nicht bekannt seien. Seines Erachtens müsse vom Vorhabenträger erwartet werden können, dass dieser seine Planungen der Kommune gegenüber zeitnah und vollständig offenlege.

 

Frau v.d.Heide (Ortsrat Groß Ellershsn./ Hetjershsn./ Knutbühren) ergänzt, dass ihres Wissens Tennet bereits erklärt habe, die komplett in Autobahnnähe geführte Trasse sei nicht praktikabel. Bestenfalls käme eine Trasse zwischen Hetjershausen und Elliehausen und von dort aus an die BAB 7 in Betracht dies allerdings auch nur unter der Voraussetzung entsprechender Vereinbarungen mit e.on und dem Eigentümer des Gewerbegebietes „Am Talsgraben“. Sie fordere die Verwaltung auf, Tennet zu drängen, diese Informationen öffentlich zu machen. Sie sei sich dessen bewusst, dass die Stadt nicht Trägerin des Verfahrens sei, wolle jedoch darauf hinweisen, dass in der Bevölkerung die Stadt gleichwohl als maßgeblicher Ansprechpartner wahrgenommen werde.

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Nach Ansicht von Herrn Riethsse die Stromtrassenplanung mit den Planungsüberlegungen zur Windenergie harmonisiert werden. Herr Ohlow ergänzt hierzu, dass die geplanten Kapazitäten an Starkstromleitungen ggfs. in dem Maße reduziert werden könnten, wie die Windenergie im Binnenland ausgebaut werde. 

 

Herr Nier kritisiert die Informationspolitik von Tennet; Politik und Verwaltung dürften nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

 

Herr Dienberg erklärt, dass die Kommune zumindest im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens entsprechende Möglichkeiten der Einflussnahme habe. Allerdings stünden dann die wesentlichen Rahmenbedingungen für die künftige Trassierung bereits fest; erfahrungsgemäßrden nach Erstellung der Planfeststellungsunterlagen nur noch marginale Änderungen vorgenommen. Eine wirksame Einflussnahme müsse daher noch vor Beginn dieses formellen Verfahrens ansetzen. Er halte es daher für sinnvoll, in dieser Angelegenheit eine möglichst große Öffentlichkeit herzustellen, um den Druck auf den Vorhabenträger zu erhöhen. Daher beabsichtige die Stadt bewusst, zu der bereits erwähnten Informationsveranstaltung auch unabhängige Fachleute einzuladen. Die Kosten hierfür werde die Stadt übernehmen; nur so könne die erforderliche Unabhängigkeit gewährleistet werden. Er fordere von Tennet, alsbald konkrete Planungen vorzulegen. Herr Uhlig ergänzt, dass das Plan­feststellungs­verfahren keine frühzeitige Bürgerbeteiligung analog dem Bauleitplanverfahren kenne. Bei den im Planfeststellungverfahren vorgelegten Unterlagen handele es sich daher in der Regel um bereits verfestigte Planungen.

 

Herr Holefleisch begrüßt die von Herrn Dienberg vorgeschlagene Vorgehensweise ausdrücklich. Es müsse hierbei jedoch auch deutlich werden, dass die Verwaltung hier nicht eigenmächtig handele, sondern dass die politischen Gremien die Forderungen der Verwaltung unterstützten. Er rege daher an, im Rahmen einer Resolution zu fordern, dass Tennet seine Informationspolitik verbessere, aktuelle Planungen vorlege und weiterhin mit der autobahnnahen Trasse planen möge.

 

Nach Ansicht von Frau Behbehani seien neue Leitungstrassen im Kontext der Energiewende unstrittig wichtig; sie müssten jedoch über ein hohes Maß an Akzeptanz bei der Bevölkerung verfügen. Dies sei in Anbetracht der bisherigen Informationspolitik des Vorhabenträgers jedoch keinesfalls gewährleistet. Sie mutmaße, dass die veränderten Trassenplanungen v.a. durch finanzielle Interessen motiviert seien. Auch finanzielle Interessen könnten ein sachgerechtes Argument sein; sie müssten dann aber auch offen benannt werden. Die Verwaltung möge in diesem Sinne offensiv nachfragen.

Sodann beschließt der Ausschuss einstimmig:

 

Der Ausschuss für Bauen, Planung und Grundstücke der Stadt Göttingen fordert den Netzbetreiber der künftigen 380-KV-Höchstspannungsleitung auf,

a)      die Informationspolitik gegenüber der Stadt zu verbessern und aktuelle Planungen zeitnah ausdrücklich bereits im Vorfeld des künftigen Planfeststellungsverfahrens der Stadt mitzuteilen;

b)     weiterhin Planungen für eine autobahnnahe Trassierung als Vorrangsvariante zu verfolgen und

c)      die bisherigen Planungen mit ggfs. aktualisierten Planungen zu koordinieren und die verschiedenen Trassenvarianten mit Ihren technischen und finanziellen Vor- und Nachteilen in einer Gesamtschau darzustellen.“

 
 

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