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11. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 14.02.2008 Status: öffentlich
Zeit: 16:05 - 19:15 Anlass: Ordentliche Sitzung
Raum: Sitzungsraum THORN (126), Hiroshimaplatz 1 - 4, 37083 Göttingen (barrierefrei)
Ort:
 
Wortprotokoll
Beschluss

Frau Gleitze, Frau Kleuker und Herr Schubert von der Jugendgerichtshilfe (JGH) des Fachbereichs Jugend erläutern die Arbeit de

 

Frau Gleitze, Frau Kleuker und Herr Schubert von der Jugendgerichtshilfe (JGH) des Fachbereichs Jugend erläutern die Arbeit der JGH. Diese gründe sich rechtlich auf die §§ 38 Jugendgerichtsgesetz (JGG) sowie 52 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Klientel der JGH seien vorrangig straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 21 Jahren sowie deren Eltern. Man sei aber auch Anlaufstelle für andere interessierte Personen (z.B. Lehrer), die Informationen zum Thema suchten. Häufigste Deliktarten, mit denen man konfrontiert werde, seien Rohheitsdelikte (vor allem Körperverletzung), Drogendelikte sowie Ordnungswidrigkeiten, darunter besonders Schulpflichtverletzungen.

 

Die JGH sei auf verschiedenen Ebenen in Justizverfahren involviert. In Ordnungswidrigkeitsverfahren beschränke sich ihre Rolle auf Vermittlung und Überwachung von gegen Jugendliche und Heranwachsende verhängten Arbeitsweisungen.

 

In Diversionsverfahren wäge die JHG im Gespräch mit den Tätern und deren Eltern ab, ob nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (z.B. Teilnahme am Täter-Opfer-Ausgleich) das Verfahren eingestellt werden könne.

 

In Strafverfahren nehme die JGH vor Verfahrensbeginn Kontakt zu den Jugendlichen / Heranwachsenden sowie deren Eltern auf, um vorab deren Lebensläufe, familiären Hintergründe und deren Betrachtungsweise ihrer Straftaten zu klären. Des Weiteren würden sie auf die Verhandlung sowie die daraus erfolgenden Konsequenzen vorbereitet. Die Ergebnisse und eine aus diesen erfolgende Empfehlung zur Anwendung von Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht werden in einem schriftlichen Bericht an das Jugendgericht sowie die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Die JGH ist auch am Verfahren beteiligt und äußert ihre Eindrücke und Ergebnisse während der Verhandlung. Nach der Verhandlung vermittelt und überwacht die JGH die Einhaltung der vom Gericht verfügten Weisungen und Auflagen.

 

Schließlich wirke die JGH in der U-Haftvermeidung mit. Jugendliche im Alter unter 16 Jahren sollen nach Möglichkeit nicht in U-Haft genommen werden. Die JGH nimmt an der Haftprüfung teil und beteiligt sich bei der Unterbringung der Jugendlichen in alternativen Einrichtungen.

 

Tendenziell könne man feststellen, dass in den letzten Jahren die Zahl der Bußgeldverfahren wegen Verletzung der Schulpflicht stark gestiegen sei. Auch sei deutlich, dass das Klientel der JGH zum Großteil männlich sei. Weibliche Jugendliche / Heranwachsende machten nur etwa ein Viertel des Klientels aus. Des Weiteren seien weibliche Jugendliche und Heranwachsende vorrangig in Bußgeld- und Diversionsverfahren vertreten, bei Strafverfahren stellten sie nur eine Minderheit der Fälle.

 

Als weitere Tendenz erkennbar sei die zunehmende Unzuverlässigkeit sowohl der Jugendlichen als auch der Eltern z.B. bei der Einhaltung von Terminen oder Arbeitsauflagen. Auch müsse man feststellen, dass psychische Auffälligkeiten / Suchterkrankungen unter Jugendlichen und Heranwachsenden zunähmen.

 

Schließlich müsse deutlich gemacht werden, dass die JGH in Bezug auf die Arbeitsbelastung nun an ihre Grenzen gelangt sei. Die Steigerung der Fallzahlen und der daraus resultierende Verwaltungsaufwand, welcher die für Betreuungsarbeit übrige Zeit reduziere, ließen keine weitere Mehrbelastung zu.

 

 

 

 

Frau Gleitze, Frau Kleuker und Herr Schubert antworten auf Fragen aus dem Ausschuss. Die Tendenz bei den Rohheitsdelikten äußere sich in einer höheren Gewaltbereitschaft und Brutalität. Ein neues Phänomen stelle die häusliche Gewalt von Kindern gegen Eltern (vor allem Mütter) dar. Um dem zu begegnen, gebe es verschiedene Kurse zur Aggressionskontrolle. Ein Kurs der Jugendhilfe Süd-Niedersachsen (JSN) zum Beispiel, welches Teil eines umfangreicheren Angebots sei, umfasse 7 Abende und ein Wochenende. Dieser Kurs werde seit etwa drei Jahren vorgehalten. Wann es dort zu einer Evaluation kommen werde, sei aber noch nicht klar.

 

Zur Frage der räumlichen Streuung könne gesagt werden, dass es nur wenige Schwerpunkte gebe. Dies seien Orte, an denen sich Jugendliche und Heranwachsende treffen und Vorkommnisse naturgemäß häufen würden. Es sei festzustellen, dass dabei oft Alkohol- / Drogenkonsum im Spiel sei.

 

Fälle von U-Haftvermeidungen gebe es etwa drei im Jahr, Arrest gegen Schulverweigerer werde etwa fünfmal im Jahr verhängt. Dazu müsse gesagt werden, dass bei Schulverweigerern oft im letzten Moment von Jugendlichen oder deren Eltern das verhängte Bußgeld gezahlt werde, um den Arrest zu vermeiden. Am eigentlichen Problem werde in der Familie in diesen Fällen aber nicht gearbeitet.

 

Im Zeitraum von 2003 bis 2007 sei die Zahl der Diversionsverfahren von 78 auf gut 200 gestiegen. Dies begrüße man, da allgemein erkannt worden sei, dass Diversionen ein gutes Mittel seien, um Gerichtsverhandlungen zu vermeiden und den Aufwand je Fall etwas einzuschränken. Wichtig hierfür sei natürlich eine enge Kooperation mit Trägern wie dem Verein Ausgleich. Straffällig gewordene Jugendliche bekämen eine Stelle vermittelt, wo Sie zum einen ihren Arbeitseinsatz ableisteten. Zum anderen werde das dort erarbeitete Geld als Opferentschädigung eingesetzt. Allgemein gebe es in Göttingen eine gute Vernetzung.

 

Die Steigerung der Fallzahlen lasse nicht auf eine Steigerung der Kriminalität schließen. Eher sei es so, dass nun viele Fälle erfasst würden, die bisher in einem Graubereich stattgefunden hätten.

 

Arbeitskräfte zur Erledigung der Verwaltungsarbeit seien der JGH nur insoweit zugeordnet, als eine Schreibkraft die von der JGH formulierten Berichte erstelle. Aber zu den Verwaltungstätigkeiten falle auch Recherchearbeit, die man nicht delegieren könne.

 

Eine Verschärfung des Jugendstrafrechts, wie sie zur Zeit diskutiert werde, sei abzulehnen. Die Maßnahmen des JGG seien ausreichend. Die Verhängung der Höchststrafe von 10 Jahren habe man bisher nicht erlebt. Problematisch sei dagegen, dass es für Jugendliche und Heranwachsende nicht genug Betreuungsangebote gebe.

 

 

 
 

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